Test: The Crew Motorfest (PC, PS5, PS4, XBX, Xbox One)

 

Mit The Crew Motorfest präsentiert Ubisoft einen neuen Ableger der hauseigenen Rennspielreihe, die sich in der Vergangenheit vor allem durch ihre riesige Spielwelt ausgezeichnet hat. Die fällt beim Abstecher nach Oahu im Hawaii-Archipel zwar deutlich kleiner aus, doch die Lust am Rasen durch traumhafte Landschaften soll dadurch nicht ausgebremst werden. Im Gegenteil: Mit dem Festival-Ansatz und dem Feiern der Automobilkultur positioniert sich Ubisoft mit Motorfest auffallend deutlich im Windschatten von Forza Horizon. Aber kann man am Open-World-Hit von Playground Games vorbei ziehen? Der Test liefert die Antwort!


Auf Hawaii lässt sich gut rasen

Oahu? Moment, da klingt doch was… Bin ich nicht früher schon mal mit Nobelkarossen virtuell über diese Hawaii-Insel gebrettert, auf der sich mit Honolulu auch die Hauptstadt des US-Bundesstaates befindet? Und hatte ich dort nicht sogar auch mehrere Häuser? Richtig: 2006 habe ich Oahu bereits in Test Drive Unlimited einen Besuch abgestattet und war überraschend begeistert, wie Atari und die Eden Studios der betagten Rennspiel-Serie mit einer großen offenen Welt und Lifestyle-Gedöns eine Frischzellenkur verpasst sowie die zunehmenden Wertungs-Unfälle der jüngeren Vergangenheit vergessen gemacht haben.

Seitdem ist viel passiert: Open-World-Racer sind dank Reihen wie Need for Speed mittlerweile zur Normalität geworden und der Reiz des Neuen oder gar Innovativen ist längst auf der Strecke geblieben. Selbst Forza Horizon kämpft nach fünf Teilen zunehmend mit Abnutzungserscheinungen, gilt aber hinsichtlich Technik, Fahrgefühl, Soundtrack und Umfang zurecht immer noch als die Referenz im Genre der Open-World-Rennspiele. Daher überrascht es kaum, dass man sich bei Ubisoft am Pole Setter von Playground Games orientiert und sich ihm mit The Crew Motorfest fast schon übertrieben deutlich anbiedert. Denn genau wie beim großen Vorbild steht auch hier ein PS-Festival im Mittelpunkt, das vor allem hinter dem Steuer gefeiert wird – sei es von flotten Sportwagen über Offroad-Karossen und Rennmaschinen bis hin zu Motorrädern, Booten und sogar Flugzeugen.

Schwerpunkt Automobil

Aber keine Sorge: Im Gegensatz zum Vorgänger wurden Events auf dem Wasser oder in der Luft auf ein Mindestmaß zurückgefahren und spielen nur noch eine Nebenrolle. Nach dem Pflicht-Tutorial darf man Boote und Flugzeuge sogar komplett ignorieren. Der Schwerpunkt liegt also ganz eindeutig auf dem Automobil – und das ist gut so! Wer es wünscht, darf im Rahmen der freien Fahrt dennoch jederzeit auf Knopfdruck die Vehikel-Typen wechseln. Da die Schnellreise-Möglichkeiten über die Karte zunächst äußerst eingeschränkt sind, fliegt man zur Not einfach zum nächsten Event, wenn man keine Lust hat, das Streckennetz der Insel kennenzulernen. In diesem Fall verpasst man allerdings auch zahlreiche Mini-Aufgaben, darunter spontane Slalom-Herausforderungen, das Auslösen von Radarfallen, Foto-Missionen, die Suche nach Schätzen (sprich: Kisten) oder die ziemlich dämliche Flucht vor…irgendwas, das sich ausbreitet. Es sind halt die typischen Beschäftigungstherapien in einer offenen Welt, die sich hier mit ständigen Einblendungen und Hinweisen fast schon etwas zu penetrant aufdrängen, nach einer Weile sogar nur noch nerven. Ich war irgendwann sogar tatsächlich so weit, die Startpunkte der Slalomsequenzen bewusst zu umfahren, um sich nicht zu aktivieren.

Zusammen mit den aufgestellten Looping-Passagen wirkt Oahu bisweilen wie ein riesiger Spielplatz, dem dem die Authentizität im Gegensatz zu einem Test Drive Unlimited bewusst stärker in den Hintergrund gedrängt wird. Trotzdem hat die Hauptinsel von Hawaii landschaftlich viel Abwechslungs zu bieten, angefangen von urbanen Regionen rund um Honolulo über Abstecher ins Gebirge bis hin zu dicht bewachsenen Dschungel-Regionen und einladenden Traumstränden – egal ob bei Tag oder Nacht, Regen oder Sonnenschein. Wie bei Forza Horizon ist ein großer Teil der Umgebung außerdem zerstörbar, darunter Verkehrsschilder, Sträucher, Zäune und sogar Steinmauern. Etwas mehr Leben in Form von Passanten oder Fans am Streckenrand hätte aber sicher nicht geschadet und überhaupt vermisst man über weite Strecken das Festival-Flair, das man sich eigentlich auf die Fahnen geschrieben hat.

Breit gefächerter Fuhrpark

Bezüglich der Auswahl an fahrbaren, fliegbaren und schwimmbaren Untersätzen herrscht Begeisterung: Ubisoft hat dem Motorfest einen breit gefächerten Fuhrpark aus etwas über 600 Vehikeln gegönnt. Klar finden sich hier auch ein paar Flugzeuge, Boote und Motorräder, aber vor allem warten Autos unterschiedlicher Klassen darauf, die Straßen und das Gelände unsicher zu machen. Neben Straßenfahrzeugen vom Honda Civic bis zum Porsche 911 Carrera findet sich auch Modelle aus dem Bereich der Hypercars vom Schlag eines Bugatti Centodieci, agile Drift-Karossen wie der Mazda RX7, hochmotorisierte Dragster-Geschosse wie der Dodge Challenger oder Rennwagen, die man aus GT- oder Formel-Serien kennt. Für Abstecher in holprige Gefilde warten außerdem Klassiker wie der Hummer H1 zum Rally Raid, klassische Rallye-Boliden wie der Audi S1 EKS RX Quattro oder die gigantischen Monstertrucks. Für Zweirad-Fans gibt es neben Rennausführungen ebenfalls eine Auswahl aus Motocross-Maschinen. Und auch Liebhaber von Oldtimern kommen auf ihre Kosten – sei es durch ehrwürdige Schlitten wie den Cadillac Eldorado Brougham von 1957 oder den alten VW Bus T1 „Bully“ sowie prägnante Wagen wie den DeLorean DMC-12 von 1981, der vor allem durch die Kino-Reihe Zurück in die Zukunft einen gewissen Kultstatus erlangt hat. Besitzer des Vorgängers dürfen übrigens einen Großteil ihrer Garage zum Motorfest importieren.

Während die Darstellung der Fahrzeugmodelle in Ordnung geht und sich auf für den Fotomodus prima in Szene setzen lassen, lassen die recht lieblos gestalteten Cockpits zu wünschen übrig. Dazu tragen auch die nur schemenhaft dargestellten Innen- und Außenspiegel ihren Teil bei. Schade zudem, dass es neben der gebotenen Auswahl an Innen- und Außenperspektiven nicht auch eine zusätzliche Dashboard-Ansicht gibt, die eine bessere Übersicht bietet und für mich mittlerweile den optimalen Kompromiss zwischen der Cockpit- und Motorhaubenansicht darstellt. Immerhin klingen die Motorengeräusche satt, doch ist der immerzu gleiche und billige Soundeffekt bei Kollisionen an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten. Auf der PS5 wird ein Teil der Klangkulisse über den Controller-Lautsprecher ausgegeben, wenn man es mag. Als Extra sicher nett, aber persönlich stört das Feature hier eher meine Immersion.

Ein Hauch von Simulation?

Mit Blick auf die breite Auswahl an Fahrhilfen, das optionale Wagensetup und sogar eine Unterstützung von Force-Feedback-Lenkrädern inkl. H-Schaltung könnte man fast den Eindruck gewinnen, dass die Entwickler einen simulativen Ansatz verfolgen. In der Tat lassen sich im Stil von F1 23 überraschend detaillierte Einstellungen am Getriebe, an den Bremsen, der Aerodynamik und vor allem dem Fahrwerk vornehmen.

Dass das alles eher heiße Luft ist, offenbart sich schnell nach den ersten Metern hinter dem Steuer: Ja, ohne zugeschaltete Hilfen bricht das Heck vor allem bei leistungsstarken Modellen schon mal viel zu gerne aus und man kann angesichts der etwas zu unberechenbaren Fahrphysik in Kombination mit der leicht schwammigen (Controller-)Steuerung auch komplett die Kontrolle über den Flitzer verlieren. Insgesamt schlägt das Pendel aber deutlich stärker in die Arcade-Richtung aus – mehr noch als bei Forza Horizon, wo sich die einzelnen Modelle nicht nur viel differenzierter, sondern schlichtweg besser anfühlen als hier. Ich hatte stellenweise einige Probleme, das wankelmütige Verhalten der Fahrzeuge nachzuvollziehen, das gerne von einem magischen Super-Grip über plötzliches Untersteuern in Kurven bis hin zum unvorhersehbaren Ausbrechen des Hecks („Übersteuern“) variiert. So fällt es dann doch schwer, ein echtes Gefühl dafür zu entwickeln, was das Auto gerade macht und warum. Aber gut: Obwohl es in den Einstellungen durchaus vorgegaukelt wird, will Motorfest ganz eindeutig keine Simulation sein, aber auch unter Arcade-Gesichtspunkten kann mich die gebotene Fahrphysik nicht so richtig abholen, sondern ist für mich maximal okay, aber damit noch im grünen Bereich des Erträglichen. Bis auf wenige Ausnahmen wie dem halbwegs launigen Mehrspieler-Schrottfest Destruction Derby spielt das Schadensmodell übrigens keine Rolle und beschränkt sich höchstens auf ein paar kleine Beulen oder Kratzer im Lack. Auswirkungen auf das Fahrverhalten muss man nach Unfällen also nicht befürchten.

Upgrades per Zufallsgenerator

Wem die Standardausstattung seiner Fahrzeugflotte nicht ausreicht, kann die einzelnen Modelle mit Upgrades ausstatten und ihnen mit diesen Tuningmaßnahmen mehr Leistung oder ein besseres Fahrverhalten bescheren. Zur Auswahl stehen Verbesserungen in den Bereichen Bremsen, Getriebe, Steuergerät, Motorblock, Auspuff, Aufhängung und Reifen. Im Gegensatz zu typischen Tuning-Rennspielen wie Gran Turismo 7, Forza Motorsport oder Need for Speed (Unbound) lassen sich die Upgrades hier weder durch die Ingame-Währung noch Mikrotransaktionen erwerben. Stattdessen erfolgt die Ausschüttung per Zufall als Belohnung für den Abschluss von Rennen oder Rangaufstiege durch XP. Und nicht nur das: Wie in MMOs üblich sind die einzelnen Tuningteile auch noch in Seltenheitsstufen mit entsprechenden Farben unterteilt und bieten teilweise sogar noch Perks und Buffs – kann dieser Blödsinn nicht irgendwann einfach wieder verschwinden? Leider wird man einmal mehr regelrecht überhäuft mit Loot in Form dieser Fahrzeugteile und ich persönlich habe nei Motorfest nur wenig Spaß daran, mich damit auseinanderzusetzen, weil ich einen Großteil dieser „Belohnungen“ eigentlich nur als überflüssigen Schrott empfinde, der das Spiel nur unnötig aufbläht. Daher eine Bitte an das Team von Ivory Tower und Ubisoft: Belasst es doch bitte bei regulären Tuning-Optionen, verabschiedet euch vom Zufallsprinzip sowie Seltenheitsstufen, Perks & Co und gebt den Leuten einfach die Freiheit, wann sie welches Fahrzeug mit welchen regulären Upgrades ausstatten wollen. In der jetzigen Form ist das jedenfalls alles ziemlicher Murks in meinen Augen!

Tuning fürs Auge

Neben der Leistung darf auch die Optik der einzelnen Boliden aufgebohrt werden. Wer sich kreativ austoben will, findet die entsprechenden Werkzeuge und Grafikmuster im Lackierungseditor. Alternativ lassen sich die Werke der Community aber auch einfach runterladen. Darüber hinaus erhält man Zugriff auf eine breite Farbpalette für Lackierungen und peppt den fahrbaren Untersatz mit Schnickschnack wie einer Unterbodenbeleuchtung (samt unterschiedlicher Motive!) oder Zubehörteilen wie einem breiteren Kotflügel, schicken Felgen oder fetten Spoilern auf. Selbst der Innenraum und die Farbe des Bremssattels lässt sich nach eigenem Gusto anpassen. Es gibt also mehr als genug Optionen für ein Tuning fürs Auge.

Was für die Autos gilt, lässt sich im Prinzip auch auf den Avatar übertragen: Die Spielfigur lässt sich nach eigenen Vorlieben gestalten, angefangen beim Geschlecht über die Kopfform und Körperbau bis hin zum Outfit von Kopf bis Fuß, wobei sich manche der Klamotten nicht nur freischalten, sondern auch gezielt kaufen lassen. Dabei sitzt der Avatar hier nicht nur hinter dem Steuer, sondern man kann sich mit ihm in einem Hub in Form einer Autoausstellung sogar frei bewegen – mit einem Lenkrad ist das Umherlaufen aufgrund der unterirdischen Steuerung dagegen nicht zu empfehlen.

Abwechslungsreiche Playlists

Ein zentrales Spielelement von The Crew Motorfest bilden die so genannten Playlists: Dabei handelt es sich um eine Reihe von Rennveranstaltungen, die alle im Zeichen eines bestimmten Themas stehen. Bei der Playlist „Made in Japan“ dreht sich z.B. alles um die japanische Autokultur mit ihrem Faible für Drift-Shows und die spannenden Touge-Duelle, also Bergab-Rasereien über kurvige Straßen. Eine andere stellt die amerikanischen Muscle Cars in den Mittelpunkt und liefert dabei mit Drag-Sprints eine gelungene Abwechslung zum Rennalltag auf Strecken von A nach B oder Rundkursen. Teilweise werden sogar reale Auto-Nerds ins Spiel eingebunden, darunter u.a. der bekannte Youtube-Kanal Donut Media, Influencer wie Supercar Blondie oder die Tuning-Spezialisten von LBWK (Liberty Walk) rund um Wataro Kato. Wieder andere rücken Marken wie Lamborghini oder Modelle wie die 911er-Reihe von Porsche in den Mittelpunkt und bei Hawaii Scenic Tour geht es tatsächlich nur darum, ganz gechillt und ohne Leistungsdruck die Insel zu erkunden. Kreativ geht es z.B. auch bei der Vintage-Playlist zu: Hinter dem Steuer der Oldtimer gibt es kein modernes Navigationssystem, daher muss man sich an Hinweisen in der Umgebung orientieren, um mit Hilfe von eingeblendeten Fotos das Ziel zu erreichen – klasse! In späteren Formel-Rennen muss man außerdem den Reifenverschleiß im Auge behalten und sich an der Box frische Pneus abholen, wenn die Bodenhaftung zu sehr beeinträchtigt wird. Ansonsten spielen abbauende Reifen allerdings keine Rolle im Rennalltag.

Dank der unterhaltsamen Gestaltung und viel Abwechslung gehören die Playlists zu den ganz großen Stärken von Motorfest! Man hat ständig das Gefühl, dass bei dieser PS-Party die Autokultur tatsächlich gefeiert wird. Schön ist in diesem Zusammenhang auch, dass man vor allem zu Beginn für einen Großteil der Veranstaltungen nicht für den Kauf von Fahrzeugen grinden (oder mit Echtgeldtransaktionen abkürzen) muss, sondern passende Leihwagen gestellt bekommt. Nach Abschluss der Listen wartet in der Regel außerdem ein besonderer Flitzer als Belohnung, so dass sich auch die eigene Garage zunehmend mit Modellen unterschiedlicher Klassen und Dekaden füllt.

Schwankender Schwierigkeitsgrad

Trotzdem gibt es keine ungetrübte Freude beim Abklappern der Playlists: Zum einen schwankt der Schwierigkeitsgrad nicht nur zwischen, sondern mitunter sogar innerhalb der Veranstaltungsreihen überraschend stark, so dass man immer wieder gezwungen wird, vor jedem Event die insgesamt fünf Stufen entsprechend anzupassen. So kann es z.B. passieren, dass man das erste Rennen mit einem Vorsprung von über 10 Sekunden gewinnt, beim nächsten dagegen auf keinen grünen Zweig kommt und den Schwierigkeitsgrad anpassen muss. Während ich meist auf der vierten oder fünften Stufe unterwegs war, musste ich hin und wieder sogar zur zweiten zurückkehren, um das Rennen zu meistern, obwohl sich Fahrfehler mit einer optionalen Rückspulfunktion sogar ausbügeln lassen. Aber Achtung: Bei jeder Anwendung wird die zurückgespulte Zeit auf die gesamte Rennzeit hinzu addiert, was sich entsprechend negativ auf die Platzierung in den Online-Ranglisten auswirkt.

Ein Grund der Probleme liegt sicher auch darin, dass ab der vierten Stufe ein Gummibandeffekt verstärkt in Erscheinung tritt, um das Feld dichter beisammen zu halten. Doch auch hier machte ich die Beobachtung, dass die KI-Konkurrenz im letzten Drittel plötzlich nur noch mit angezogener Handbremse weiterzufahren scheint, nachdem sie mir vorher weggefahren ist – und das selbst dann, wenn ich in Führung liege. Angesichts der Balanceprobleme kann sich echtes Racing-Flair daher oft nur schwer entfachen, weil man gefühlt entweder zu überlegen ist oder nur mit Mühe und Not hinterher kommt. Die goldene Mitte aus Spaß, Spannung und Anspruch hat Motorfest für mich und meine persönlichen Rennfahrer-Skills hinter dem Steuer leider nur selten getroffen.

„Einfach mal die Fresse halten“

Etwas unpassend finde ich außerdem das ständige Gelaber während der Rennen, in dem mich der Sprecher aus dem Off teilweise tatsächlich auffordert, mir inmitten der Positionskämpfe die Landschaft anzusehen oder irgendwelches Eigenlob für die Zusammenstellung der Songauswahl vom Stapel lässt, die trotz einiger Lizenz-Tracks und bekannter Künstler im Vergleich zur Forza-Horizon-Reihe übrigens ziemlich unterwältigend ausfällt. Ne, ihr lieben Leute, manchmal sollte man besser „einfach mal die Fresse halten“ und damit gleichzeitig den mitunter erschreckend hohen Fremdschäm-Anteil bei den Plapper-Einlagen reduzieren. Angenehmer und informativer sind da schon die Ausführungen der KI-Sprachassistentin Cara auf dem Weg zum nächsten Event, bei denen schon ein bisschen was über den Leihwagen und die Art der bevorstehenden Veranstaltung erzählt wird. Dabei hätte man es einfach belassen sollen, aber wenn ich die Wahl hätte, würde ich die Radio-Moderationen aus Forza Horizon definitiv bevorzugen.

Chaotische Multiplayer-Events

Ein zentraler Aspekt im Spieldesign sind die Mehrspieler-Optionen – The Crew trägt seinen Namen nicht umsonst. Bis zu vier Fahrer lassen sich für gemeinsame Abenteuer auf Oahu in einer Gruppe zusammenschließen. Neben dem kooperativen Ansatz hat das Motorfest aber auch kompetitive Events zu bieten: Da wäre zum einen das Grand Race, in dem bis zu 28 Fahrer in einem recht langen Rennen gegeneinander antreten und mittendrin an Checkpunkten ihre Fahrzeugklasse wechseln dürfen. Meist geht es aufgrund der Rempeleinlagen schon hier ziemlich chaotisch ab. Noch einen drauf setzt der Modus Destruction Royale für 32 Spieler: In dieser verspielten Variante vom klassischen Destruction Derby besteht das Ziel darin, die Konkurrenten mit gezielten Stößen zu schrotten und sich mit sammelbaren Upgrades Vorteile auf dem Schlachtfeld zu veschaffen, das in Battle-Royale-Manier immer kleiner wird. Abgesehen von diesen beiden Multiplayer-Optionen und den obligatorischen Bestenlisten mit Filter-Funktionen wird für kompetitive Raser dagegen wenig geboten – direkte Duelle während der freien Fahrt gibt es nicht und auch die Interaktionen mit den Mitspielern auf dem Server halten sich in Grenzen. Immerhin verhindert ein automatisches Ghosting der Spielerfahrzeuge, dass Griefer hier keine Chance haben, schon die freie Erkundung in ein frustrierendes Crash-Festival zu verwandeln.

Online-Zwang und Server-Probleme

Um überhaupt Zugang zum Motorfest zu bekommen, ist eine Verbindung zu den Servern Pflicht. Ein solcher Onlinezwang ist schon generell ätzend – vor allem, wenn man einen Großteil der Inhalte genauso gut alleine spielen kann und selbst das Horizon-Vorbild über einen Offline-Modus verfügt. Hier kommt allerdings erschwerend hinzu, dass ich im Rahmen meines Tests und sogar noch am 1. Oktober 2023 die Server nicht erreichen und damit das Spiel nicht starten konnte. Zumindest gibt das bereits einen Augen öffnenden Vorgeschmack auf das, was passiert, wenn Ubisoft eines Tages die Server bewusst abschaltet. Dann ist The Crew Motorfest nämlich nur noch Datenmüll auf der Festplatte und nicht mehr zu gebrauchen.

Bis dahin bleibt die Hoffnung, dass abseits der Serverprobleme technisch noch ein paar weitere Baustellen behoben werden: Selbst im Performance-Modus kommt die Engine manchmal ins Straucheln und schafft es nicht mehr, die angestrebten 60fps zu halten. Zwar gibt es alternativ noch einen Qualitätsmodus, aber persönlich kann ich die Darstellung mit 30fps und die (noch) trägere Steuerung nicht länger ertragen. Hin und wieder ist das Spiel auf der PS5 bei der Aktivierung des Foto-Modus außerdem eingefroren und auch der Sprung vom Hub zum freien Fahren hat teilweise so lange gedauert, dass ich auch hier schon einen Absturz vermutet habe, nachdem das Auto erst nach etwa 10 Sekunden erschienen ist.

Immer Platz für Echtgeldtransaktionen

Ich glaube, neben 2K gibt es kaum einen anderen der großen Publisher, der so schamlos und selbstverständlich weitere Echtgeldtransaktionen in seine Spiele einbaut wie Ubisoft. Und leider bildet The Crew Motorfest diesbezüglich keine Ausnahme: Im Shop lassen sich Pakete für die separate Währung Crew-Credits gegen echte Geldbeträge zwischen 4,99 und 49,99 Euro erwerben – und natürlich sind viele der Preisschilder im Spiel so gestaltet, dass entweder immer etwas übrig bleibt oder man eben ein nächstes Paket kaufen muss. Wer echtes Geld investiert, kann sich seine (teuren) Lieblings-Autos schneller in die Garage stellen anstatt wesentlich länger für einen entsprechenden Kontostand für die normale Ingame-Währung zu grinden. Um den Kauf der Crew-Credits schmackhaft zu machen, werden sogar aktiv Fahrzeug-Bundles angeboten, die nur mit dieser Echtgeld-Währung bezahlt werden können. Auch manche der Prestigeobjekte wie spezielle Scheibentönungen, exklusive Unterbodenbeleuchtungen oder dämliche Raucheffekte befinden sich hinter einer Bezahlschranke. Ja, es handelt sich bei den Mikrotransaktionen nur um Kosmetik-Kram und Abkürzungen der Spielzeit, aber neben der reinen Existenz in einem Vollpreis-Spiel stößt mir auch die Art der Einbindung hier sauer auf.

FAZIT

The Crew Motorfest ist in erster Linie eine gute Nachricht für PlayStation-Rennspieler, denn kein anderer Racing-Titel kommt hinsichtlich Konzept und Umsetzung aktuell so nah ran den Spitzenreiter Forza Horizon heran, den man bekanntlich nur auf der Xbox und am PC erleben darf. Zwar bedienen sich Ubisoft und das Entwicklungsstudio Ivory Tower fast schon ein bisschen zu dreist am offensichtlichen Vorbild, aber Oahu ist trotz schwankender Qualitäten der Landschaften ein schöner Schauplatz für das PS-Festival, der größenmäßig (zum Glück) etwas komprimierter ausfällt als in den beiden Vorgängern. Zu den Stärken zählen außerdem der breit gefächerte Fuhrpark sowie die enorm abwechslungsreichen Playlists mit tollen Themen und mitunter kreativen Ideen, aber leider gibt es auch Schwächen in Form von ein paar dümmlichen Sprachaufnahmen, Gummiband-Tendenzen und stark schwankender Schwierigkeit. In Sachen Technik fehlen Motorfest zudem noch ein paar PS: Kulisse und Fahrzeugmodelle sind zwar trotz magerer Cockpitansicht hübsch anzusehen, kommen aber nicht an die Pracht der letzten Teile von Forza Horizon heran. Außerdem zeigt die Engine selbst im Performance-Grafikmodus hin und wieder kleine Schwächen. Trotz des breiten Angebots an Hilfen und sogar Setup-Optionen werde ich mit der arcade-lastigen Fahrphysik in Kombination mit der leicht schwammigen Steuerung nicht richtig warm. Der größte Spielspaß-Killer ist für mich neben der Einbindung von Mikrotransaktionen jedoch das elendige Upgrade-System mit seinem Loot-Overkill samt Seltenheitsstufen und Perks – sowas brauche und will ich einfach nicht in Rennspielen, genauso wenig wie den nervigen Onlinezwang! Für Fans von Open-World-Rennspielen hat Ubisoft mit The Crew Motorfest dennoch Einiges zu bieten, auch wenn man insgesamt eher im Mittelfeld landet und dem großen Vorbild an der Spitze nur chancenlos hinterher fahren kann.

Wertung
Infos zum Bewertungssystem

Pro:
– abwechslungsreiche Playlists
– breit gefächerter Fuhrpark
– toller Schauplatz

Kontra:
– ätzendes Upgrade-System mit Loot-Overkill
– nerviger Onlinezwang
– Schwächen bei Fahrmodell & Steuerung

Entwickler: Ubisoft Ivory Tower | Publisher: Ubisoft | Preis: ab 69,99 €


Das Testmuster wurde freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ubisoft Deutschland – vielen Dank!

Der Test umfasst die Entwicklung bis einschließlich Patch 1.003.000 (PS5) vom 03.10.2023.

7 Kommentare

  1. Pille

    Hab jetzt auch mal ein paar Runden in „Forza“ gedreht. Erster Eindruck: Man wird zu Trainingsrunden gezwungen, da wird gar nicht erst debattiert. Finde ich gut. Sound ist mächtig, Grafik der Hammer auf „Cyberpunk“-Niveau, meine inzwischen etwas betagte 2070 schafft gerade noch so die 60 fps in Full-HD. Fahrphysik macht einen ausgereiften, realistischen Eindruck. Die Controller-Steuerung ist allererste Sahne. Leider macht der Controller nur halb so viel Spaß wie ein echtes Wheel, aber das bekomme ich bautechnisch am PC nicht hin, da bin ich nach wie vor auf die Playstation angewiesen. Das Strafsystem ist lächerlich: Ich mach ’ne Dive bomb und gehe straffrei aus. Ein paar Minuten später meint ein Kasper, er müsse mir direkt vor die Kühlerfigur ausscheren, und ich kassiere 2,5 Strafsekunden. Und da redet alle Welt davon, daß die KI die Weltherrschaft übernehmen soll. Nicht einmal ein simples Strafsystem für Rennen bekommen die Entwickler bisher hin. Die nüchterne Präsentation gefällt mir und ist ein schöner Kontrapunkt zu dem überkandidelten Casino in „Forza Horizon“, die Kampagne ist dann aber doch etwas dröge und erinnert an den ersten Teil der Reihe. MP noch nicht angeguckt.

    Sorry für off-topic, aber ich denke, mit „Motorfest“ sind wir hier ja inzwischen durch. 😉

  2. Pentanick

    Hehe, ja dann Mal fröhliches testen. Bin gespannt. Grüsse

  3. Michael Krosta

    Danke für den Test!

    Aber gerne doch 🙂 Und schön zu hören, dass ich nicht der Einzige bin, der mit der Fahrphysik von The Crew nicht so richtig warm wird. Ging mir aber schon immer so mit dieser Reihe. Es ist bei Motorfest zwar etwas besser als früher, aber wirklich gut halt immer noch nicht.

  4. Michael Krosta

    Konnte am Wochenende bereits Forza Motorsport anspielen.
    Sehr geil, mit einigen speziellen Entscheidungen garniert. Kurz: Ein grosses Paket mit interessantem Testfutter liegt da vor der Tür des Herrn Rennspieler.

    Ich bin auch schon fleißig am testen und fahren, wenn es die Zeit erlaubt. Kleiner Spoiler: Ich hüpfe bis jetzt noch nicht vor Begeisterung aus der Hose. Vor allem dieser dämliche CaRPG-Ansatz stößt mir wirklich sauer auf und versaut mir viel Spaß am Spiel. Und auch die Drivatar-KI empfinde ich nicht als Krone der Schöpfung, sondern wieder als Rückschritt im Vergleich zur klassischen KI. Aber muss noch bisschen was spielen und mir auch den MP-Modus noch ansehen…

    Wie auch immer: Motorfest ist damit direkt in die Werde-ich-nicht-mit-der-Kneifzange-anrühren-Kiste gewandert.

    Jap, kann man machen. Ich habe es mittlerweile auch wieder deinstalliert, weil ich den Loot-Overkill samt bunten Abstufungen nicht mehr ertrage und solche Spiele höchstens nur noch zu Testzwecken spiele, aber nicht mehr privat. Übrigens nicht nur Rennspiele – ich verabscheue dieses Designelement in so ziemlich jedem Genre 😉

  5. Pentanick

    Konnte am Wochenende bereits Forza Motorsport anspielen.
    Sehr geil, mit einigen speziellen Entscheidungen garniert. Kurz: Ein grosses Paket mit interessantem Testfutter liegt da vor der Tür des Herrn Rennspieler.
    Wie auch immer: Motorfest ist damit direkt in die Werde-ich-nicht-mit-der-Kneifzange-anrühren-Kiste gewandert.

  6. Pille

    Mich hat „FH“ nie gepackt. Sicher, die Grafik ist hübsch und auch die pfiffige Arcade-Steuerung bringt durchaus Laune, aber es ist irgendwie so merkwürdig egal, ob man ein Rennen gewinnt oder nicht, es macht letztlich keinen Unterschied. Das Spiel motiviert nicht. Die brunzdämlichen Gute-Laune-Sender rufen bei mir eher Depressionen hervor — na gut, vielleicht werde ich auch einfach alt. Ich muß nicht mehr alles verstehen. Aber wirklich dumm fand ich dieses „Festival“. Aus fünf Kilometern Entfernung denkt man, Donnerwetter, da steppt ja wirklich der Bär, da fahr ich mal hin, und wenn man dann da ist, kann man noch nicht mal aussteigen und ein Bier trinken. Man kann einen Donut auf die Straße setzen, aber auch dafür interessiert sich keiner dieser seltsamen Zombies, die außer Tanzen und Grinsen nichts anderes in ihrem Leben zu tun scheinen.

    Zu „The Crew“ kann ich gar nichts schreiben, hab ich nie gespielt. Aber Konkurrenz belebt das Geschäft, und ich würde es Ubisoft gönnen, auf der PS5 eine Nische zu finden, keine Frage.

    Naja, das neue „Forza“ werde ich mir bestimmt angucken, ich hab ja den Game Pass. Und ich freu mich schon wie ein Schnitzel auf „WRC 2023“, ich glaube, das wird wirklich gut. Dann wird mal wieder der Playseat gründlich poliert und in Stellung gebracht …

  7. eispfogel

    Danke für den Test! Zum Glück kann man die Gespräche abstellen. Das hat mich auch schon in FH genervt.
    Das schlimmste ist aber einfach das Fahrgefühl. Ich bin damit ziemlich alleine, aber ich mochte schon FH5 nicht, weil jede Karre extrem untersteuert und beim lenken die Kamera oszilliert(bei Kurven bewegt sich die Kamera einfach auf und ab…nervig). Jedenfalls kam ich mit dieser Fahrphysik überhaupt nicht klar. Und hier ist es so..hmm…ich weiss nicht genau, was die da simulieren wollen. Manchmal fährt es sich wie Trackmania Canyon(furchtbar), dann wieder eher stabil und Präzise. Mag es auch nicht so :/

    Aber, wie du schon sagst, auf der PS5 gibt es so ein Spiel noch nicht und da wird wohl auch der größte Markt dafür sein. Es ist dem Vorbild einfach so ähnlich, dass ich einfach keine Lust darauf habe. Mir hat FH5 gereicht und ich bin einfach übersättigt.

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