Test: F1 23 (PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X|S)

 

Wer soll Max Verstappen auf seinem Weg zum dritten WM-Titel eigentlich noch stoppen? Ich! Denn ich habe mir fest vorgenommen, „Mad Max“ in seine Schranken zu weisen und mich in F1 23 selbst zum Weltmeister zu krönen. Kann es mein eigenes Rennspieler Racing Team mit Red Bull & Co aufnehmen? Und viel wichtiger: Können EA Sports und Codemasters mich mit dem jüngsten Serienableger überhaupt nochmal motivieren, zum großen Saison-Finale in Abu Dhabi durchzuhalten? Ich habe mich für den Test von F1 23 ins Cockpit und sogar unter die VR-Brille gequetscht, um es herauszufinden…


Imposantes Inhaltspaket mit Schwächen

In gewisser Weise spiegelt F1 23 den aktuellen Saisonverlauf der Formel Eins wider: Zwar gibt es hier und da ein paar Änderungen, mit Nico Hülkenberg sogar einen Rückkehrer, aber insgesamt bleibt gefühlt dann irgendwie doch alles beim Alten. Denn der Red Bull scheint Verstappen weiterhin Weltmeister-Flügel zu verleihen, während sich die anderen Teams trotz positiver Überraschungen wie den Auftritten des Altmeisters Fernando Alonso im erstaunlich starken Aston Martin immer noch schwer tun, die Dominanz des Champions zu brechen.

Auch im offiziellen Spiel zur FIA-Rennserie erlebt man das eine oder andere Déjà-vu, feiert mit Braking Point 2 die Rückkehr des Story-Modus und freut sich, dass die Entwickler mit der F1 World zumindest versuchen, etwas frischen Wind in die Reihe zu bringen – selbst wenn das Konzept dahinter eher an einen Getriebeschaden erinnert. Wie jedes Jahr ist die Lizenz ein großes Pro-Argument: F1 23 beinhaltet alle Teams, Strecken und Fahrer der aktuellen F1-Saison, während man bei der Nachwuchsserie F2 zunächst wieder mit den Daten aus dem Vorjahr zufrieden geben muss, bis das kostenlose Update im Herbst nachgereicht wird. Besonders interessant sind selbstverständlich die beiden neuen Schauplätze Katar und der Stadtkurs in der amerikanischen Wüsten-Metropole Las Vegas, die mit ihrem Glitzer und Glamour schon im Spiel ein ganz besonderes Flair verströmt. Darüber hinaus hat man mit China, Portugal und dem Frankreich GP drei weitere Strecken hinzugefügt, obwohl sich nicht Teil des offiziellen Rennkalenders sind. Ansonsten sieht es bei klassischen Inhalten aber eher mau aus: Zwar warten in der Karriere mit dem entsprechenden Deluxe-Upgrade wieder einige Legenden von Michael Schumacher über Ayrton Senna bis Alain Prost, doch von den alten PS-Geschossen fehlt leider wieder jede Spur.

Die bewährten Stärken

Allerdings überzeugt F1 23 mit einer ganz großen und bewährten Stärke der Reihe: Die umfangreichen Anpassungen bei Rennwochenenden, Meisterschaften, Regeln und der Fahrphysik bringen zwar einen Irrgarten aus verschachtelten Optionen mit sich, lassen dafür aber kaum Wünsche offen und erlauben ein maßgeschneidertes Racing-Erlebnis, das sowohl den unerfahrenen Zwischendurch-Raser als auch den Hardcore-Fan in die faszinierende Welt der F1 katapultiert. Tatsächlich findet sich neben dem bereits bekannten XL-Angebot an optionalen Hilfen und Feineinstellungen bei Features wie Wetterverlauf oder Setup jetzt eine zusätzliche Renndistanz von 35% und auch die roten Flaggen (= Rennabbruch) feiern nach längerer Auszeit wieder ein Comeback in der virtuellen Formel Eins. Alles gleich geblieben ist dagegen beim eher oberflächlichen Schadensmodell und auch die in 110 Stufen einstellbare KI agiert für meinen Geschmack in manchen Situationen immer noch viel zu ruppig, obwohl man sich im Windschatten, den DRS-Zonen oder mit dem taktischen Einsatz des ERS einige spannende Überhol-Duelle mit den Kontrahenten liefern kann. Aufgrund ihrer potenziellen Abschuss-Mentalität bin ich trotzdem immer wieder froh, auf die optionale Rückspulfunktion zurückgreifen zu können, wobei es selbst dann teilweise noch mehrfache Versuche braucht, um gegen die lernresistenten Rowdys unfallfrei durch manche Schikanen oder Kurven zu kommen.

Alles für den Sieg!

Diesen Luxus hat man in den Mehrspieler-Rennen freilich nicht, aber das Erlebnis kann oft ähnlich frustrierend ausfallen, sobald man sich in die freie Online-Wildbahn begibt. Immerhin versucht Codemasters, mit einem Einstufungssystem die Rempel-Spreu vom Racing-Weizen zu trennen und bietet sogar eine Option gegen Griefing. Aber das Erlebnis samt Chaos-Faktor hängt am Ende dann doch immer von den Mitspielern ab. Zum Glück hat man nicht nur die Möglichkeit, private Lobbys mit entsprechenden Zugangsbeschränkungen und Regeln aufzusetzen, sondern darf neben dem offiziellen eSports-Wettbewerb erneut eine eigene Liga mit festen Terminen und Teilnehmern erstellen. Und auch lokalen Duellen steht dank etwas ruckelanfälligen Rennen am geteilten Bildschirm und sogar einer LAN-Unterstützung nichts im Wege, die man neben dem PC ebenfalls auf den PlayStation-Konsolen vorfindet. Selbst plattformübergreifende Auseinandersetzungen sind auf Wunsch möglich – und das mittlerweile nicht länger nur in Einzelrennen, sondern in sämtlichen Online-Modi inklusive Bestenlisten beim Zeitfahren.

Karriere in Dauerschleife

Davon profitiert selbstverständlich auch die Koop-Variante der Karriere, die mit ihrem gigantischen Umfang, den Managementansätzen und der konstanten Weiterentwicklung des Boliden vor allem für Solisten immer noch das Highlight darstellen dürfte. Allerdings halten sich bis auf die CrossPlay-Option die Fortschritte oder eine wünschenswerte Weiterentwicklung in Grenzen: Im Prinzip serviert Codemasters hier nur eine Kopie des Vorgängers mit aktualisierten Lizenzen – und viel mehr hatte der Modus eigentlich schon in F1 22 nicht zu bieten. Dadurch stellt sich langsam aber sicher das Gefühl ein, dass man die Karriere mittlerweile Jahr für Jahr in einer zunehmend redundanten Dauerschleife erlebt!

Nicht falsch verstehen: Ich finde, konzeptionell liefert die F1-Reihe hinsichtlich Umfang und Aufbau immer noch mit die beste Karriere, die man im Rennspiel-Genre finden kann. Und wer mit F1 23 in die Serie einsteigt, wird ohne Zweifel begeistert sein von der Entwicklung der Auto-Upgrades, den motivierenden Trainingsprogrammen, dem Personalmanagement sowie den Duellen gegen Teamkollegen und Rivalen. Darüber hinaus ist es fantastisch, neben den bestehenden Rennställen sogar ein eigenes Team gründen und auf die Erfolgsspur führen zu dürfen. Als jemand, der jedes Jahr zum neuen F1-Spiel greift, bröckelt die anfängliche Faszination allerdings mit jedem Teil ein bisschen mehr und es fällt mir mittlerweile wirklich schwer, mich für einen weiteren Durchlauf der Karriere oder My Team zu motivieren, weil es bis auf leichte Designänderungen kaum noch etwas Neues zu entdecken gibt. Daher befinde ich mich in einer kleinen Zwickmühle: Die Qualitäten der Karriere sind unbestritten, aber mir gibt sie nicht mehr viel und ich konzentriere mich stattdessen lieber auf die einfache Standard-WM ohne die Karriereaspekte oder belasse es sogar nur noch bei Einzelrennen online und offline.

Überarbeitete Fahrphysik mit Wohlfühlfaktor

Dabei macht Codemasters beim zentralen und wichtigsten Element einen gewaltigen Schritt nach vorne, obwohl er streng genommen einen Rückschritt innerhalb der Serie darstellt: Das Fahren macht hier endlich wieder Spaß wie zu Zeiten von F1 2018 oder F1 2021, nachdem das Verhalten der Flitzer im Vorgänger ziemlich unberechenbar ausgefallen war und die Bodenhaftung selbst bei niedrigem Tempo sehr zu wünschen übrig ließ. Dank der überarbeiteten Fahrphysik gehören plötzlich ausbrechende Hecks oder fragwürdige Balanceprobleme beim Überfahren von Randsteinen endlich der Vergangenheit an! Die Boliden verfügen hier wieder über besseren Grip – und das sogar ohne die zuschaltbare Traktionskontrolle, ohne die im Vorgänger fast gar nichts mehr ging.

Trotzdem bleibt der Anspruch nicht auf der Strecke: Ohne die optionalen Hilfen ist der feinfühlige Umgang mit Gas und Bremse ein Muss, wenn man sich nicht drehen oder von der Strecke abfliegen will. Und wie immer steigen Anspruch und Nervenkitzel, sobald das dynamische Wettersystem einsetzt und den trockenen Asphalt in eine nasse Rutschbahn verwandelt. Anfänger freuen sich dagegen auf zahlreiche Stützräder, darunter sogar aktive Brems- und Lenkhilfen sowie automatisierte Aktivierungen von DRS und ERS.

Fahren am Limit

Ein Force-Feedback-Lenkrad bleibt die erste Wahl, wenn man sich mit überzeugenden Rückmeldungen und möglichst präzise ans Limit heran tasten will, aber auch das haptische Feedback des DualSense-Controllers sorgt auf der PS5 dafür, dass man ein gutes Gefühl für das Fahrverhalten und den Grenzbereich entwickeln kann. Oft schafft man es, wie ein echter Profi ein ausbrechendes Heck doch noch rechtzeitig durch Gegenlenken abzufangen – im Vorgänger war das kaum möglich. Zwar wird immer noch keine Hardcore-Simulation im Stil von iRacing geboten, aber Codemasters gelingt es einmal mehr, die Faszination vom Rasen in einem F1-Cockpit überzeugend einzufangen. Dazu gehört nicht nur das Fahren an sich – sei es in der immersiven Cockpitperspektive oder weiteren Außen- sowie Innenansichten. Auch Faktoren wie die taktische Einbindung der Überholtaste, manuelle Boxenstopps und die Aktivierung von DRS tragen maßgeblich dazu bei, dass man sich wie ein F1-Pilot fühlt. Nicht zu vergessen der Boxenfunk, den man auf den alten Konsolen und am PC sogar mittels Sprachsteuerung nutzen kann. Auf der PS5 wird das coole Feature leider immer noch nicht unterstützt, aber zumindest darf man die Funksprüche optional über den Lautsprecher des Controllers ausgeben lassen.

Gleiches gilt leider auch für VR: Nur auf dem PC kann man derzeit in der virtuellen Realität ins Cockpit steigen und damit das Maximum an Immersion aus F1 23 herausholen! Eine Schande, wenn man bedenkt, wie fantastisch das VR-Erlebnis in Gran Turismo 7 auf der PS5 ausgefallen ist. Da die hauseigene EGO-Engine mittlerweile offenbar keine großen Technik-Sprünge mehr macht und sogar langsam Staub ansetzt, wäre es sicher keine allzu große Herausforderung gewesen, auch eine PSVR2-Unterstützung zu realisieren – der optionale Performance-Modus mit einer Darstellung in 120fps spricht ebenfalls dafür. Aber bei EA scheint man (noch) nicht bereit zu sein, grünes Licht und die dafür nötige Finanzspritze für eine VR-Unterstützung auf der PS5 zu geben.

Rasen als Snack-Programm mit Story-Häppchen

Im Storymodus Braking Point 2 gibt es quasi das Kontrastprogramm zur ausufernden Karriere: Statt kompletten Rennwochenenden warten zwischen den aufwendig inszenierten Zwischensequenzen im Stil der populären Netflix-Doku Drive to Survive meist nur kurze Einsätze hinter dem Steuer, in denen man die vorgegebenen Aufgaben erfüllen muss. Meist handelt es sich dabei nur um das Ziel, in wechselnden Szenarien unter Zeitdruck eine bestimmte Rennposition zu erreichen. Etwas mehr Abwechslung im Missionsdesign hätte sicher nicht geschadet und so wirkt das Ganze leider ziemlich ideenlos, obwohl man neuerdings auch in der Rolle des Teamchefs Entscheidungen treffen darf.

Die Geschichte knüpft an die Geschehnisse aus dem ersten Teil von Braking Point aus dem Jahr 2021 an: Erneut begleitet man den talentierten Nachwuchsfahrer Aiden Jackson auf seiner Reise durch den F1-Zirkus mit all seinen Höhen und Tiefen. Mittlerweile sitzt er im fiktiven Rennstall Konnersport Butler Racing im Cockpit und muss sich ausgerechnet mit dem fiesen Intriganten Devon Butler als Teamkollegen herumschlagen. Zu allem Übel gehört das Team dem Vater der Nervensäge und auch die aufstrebenden Fahrerin Callie Mayer setzt alles daran, um sich nach dem Titelgewinn in der Formel 2 als erste Frau in der F1 in den Geschichtsbüchern zu verewigen.

Insgesamt wird man in den sieben bis acht Stunden trotz mancher Fremdschäm-Momente und den Interviews mit ihren schnell durchschauten Konsequenzen gut unterhalten. Interessant ist, dass man beim Storymodus noch einige Rennen in der Saison von 2022 absolviert und dabei auch so manche reale Ereignisse wie etwa der überraschende Rücktritt von Sebastian Vettel eingebunden werden. Weniger passend ist dagegen die Diskrepanz zwischen meinen Top-Ergebnissen in den Rennen und dem Story-Verlauf, in dem das Team ständig mit Problemen und Herausforderungen zu kämpfen hat oder Aiden in den sozialen Medien wegen seiner enttäuschenden Leistungen angegangen wird. Das passt einfach nicht. Trotzdem bin ich froh, dass man bei Codemasters in diesem Jahr wieder einen Storymodus ins F1-Spiel integriert hat und empfinde den Ansatz schon seit den ersten Gehversuchen des Studios in DTM Race Driver als willkommene Bereicherung für das Rennspiel-Genre. In der Zukunft darf es von mir aus gerne weitere Kapitel geben…

Von F1 Life in die F1 World

Deutlich weniger begeistert bin ich dagegen vom neuen Modus F1 World – einer Art Hub, der eine Weiterentwicklung des grausigen und völlig überflüssigen F1 Life aus dem letzten Jahr darstellt. Das liegt zum einen daran, dass man hier immer noch viel von der Schrott-DNA findet, darunter die Einrichtungsoptionen mit dem unpassenden Flair von Die Sims und die Supercars, die wieder mit Tokens freigeschaltet werden müssen und sich beim Fahren zwar etwas besser als im letzten Jahr, aber immer noch nicht wirklich gut anfühlen. Abgesehen von diesen nervigen Altlasten hat man allerdings versucht, mit F1 World deutlich mehr zu bieten und das Erlebnis mit einer weiteren Facette aufzupeppen. So gibt es in diesem Modus ein separates „F1-World-Auto“, das man mit diversen Fahrzeugteilen inklusive Seltenheitsstufen kontinuierlich aufrüsten kann. Diese gewinnt man im Rahmen der Veranstaltungen oder es lassen sich mit der neuen Cash-Währung und gesammelten Ressourcen entsprechende Blaupausen erstellen. Darunter befinden sich nicht nur Teile, sondern auch Verträge für Teammitglieder, die dann weitere kurzzeitige Vorteile mit sich bringen, darunter z.B. eine Gewichtsreduktion für 60 Sekunden nach einer sauberen Runde oder eine höhere Motorleistung, falls man Schnellster im ersten Sektor auf einer Rennstrecke war. Als wäre das noch nicht genug warten außerdem noch zig Ziele, die man gegen die Spielwährung bei Verkäufern freischalten kann. Bei erfolgreichem Abschluss winken weitere Belohnungen, darunter z.B. auch Sticker fürs virtuelle Sammelalbum – Panini lässt grüßen. Das Geschenk-Icon für frisch erspielten Freischalt-Kram ist eigentlich ständig irgendwo zu sehen.

Kurz gesagt: Das zentrale Prinzip der F1 World ist ein Paradies für die bemitleidenswerte Spielergeneration, die es liebt, ständig mit Belohnungen und anderem Zeug überschüttet zu werden – selbst dann, wenn nicht mal vorgegebene Ziele erreicht werden. Ich persönlich finde den Modus und diese Freischalt-Orgie einfach nur abstoßend, völlig überfrachtet und schlichtweg sinnbefreit! Aber an dieser Stelle sei gesagt, dass ich generell rein gar nichts von Abstufungssystemen von gewöhnlich bis episch oder legendär halte und diese Masche zusammen mit dem Belohnungs-Overkill als eine der dümmsten Designideen halte und von tiefstem Herzen verachte. Ähnlich bescheuert und überflüssig finde ich Elemente wie den Podium Pass mit weiteren Belohnungen oder die elendigen Mikrotransaktionen mit PitCoins und damit echtem Geld, das in kosmetischen Schnickschnack investiert werden darf. Immerhin muss man Codemasters zugute halten, dass dieses Zeug im Gegensatz zu den Vorjahren längst nicht mehr so penetrant in den Vordergrund gerückt wird, nicht in Pay2Win-Regionen abdriftet und daher besser ignoriert werden kann. Trotzdem würde ich mir immer noch die optionale Komplett-Deaktivierung vom Podium Pass wünschen.

Rennen gegen Freunde-KI?

In den Veranstaltungen der F1 World, in denen man mit dem speziellen Boliden an den Start gehen muss, tritt man entweder gegen andere Spieler an oder trifft auf KI-Fahrer mit Namen aus der eigenen Freundesliste – selbst dann, wenn sie F1 23 überhaupt nicht besitzen. Das erinnert auf den ersten Blick an die Drivatare aus Forza (Horizon), doch hier scheint die künstliche Intelligenz überhaupt nicht lernfähig zu sein und den Fahrstil der realen Vorbilder zu adaptieren. Entsprechend geht es hier einzig und allein um den „Social-Faktor“ – braucht man das wirklich? Ich denke nein!

Neben dem kontinuierlichen Nachschub an zeitlich begrenzten Events sowie vorgegebenen Event-Serien sind auch normale Aktivitäten wie Einzelrennen, Zeitfahren, individuelle Meisterschaften oder die gewohnten Mehrspieler-Modi Bestandteil der F1 World. Entsprechend wird man selbst hier neben Erfahrungspunkten für den Podium Pass mit belanglosem Belohnungs-Zeug überhäuft. Das alles ist für mich nichts weiter als eine überflüssige Beschäftigungstherapie mit Fokus auf Masse statt Klasse. Warum macht es Codemasters so schwer, diesen ganzen Schwachsinn abzuschalten oder zumindest ignorieren zu können? Liebe Entwickler: Beschränkt den Quatsch in Zukunft doch bitte auf Events, die mit dem F1-World-Auto ausgetragen werden und verschont die Standard-Modi davon, danke!

Volles Starterfeld*innen

Apropos verschonen: Mittlerweile hält der Gender-Wahnsinn leider auch Einzug in die deutsche Version der virtuellen Formel Eins und beschränkt sich dabei nicht nur auf Texte, sondern sogar die Sprachaufnahmen, z.B. im Rahmen der Tutorials. Selbst beim offiziellen Starterfeld, in dem sich bekanntlich nur männliche Fahrer tummeln, kann oder will man sich das Gendern in Anzeigen und Kommentaren einfach nicht verkneifen. Ich habe mich deshalb schnell dazu entschlossen, zur englischen Variante zu wechseln, denn mir persönlich fällt es schwer, diese Verschandelung der Sprache zu ertragen, die bekanntlich auch der deutsche Rechtschreibrat in dieser Form nicht absegnen möchte. Schade, denn insgesamt machen die deutschen Kommentatoren, allen voran Sascha Roos vom Pay-TV-Sender Sky und Stefan Römer, einen guten Job. Allerdings kennt man manche der Aussagen schon seit Jahren („Das Auto hat sich unter diesen Bedingungen einfach wohl gefühlt“) und bei der Wahl zum „Fahrer:in“ des Tages liegt das Duo teilweise ziemlich daneben, wenn hier Piloten ausgezeichnet werden, die schon in der zweiten Runde mit Totalschaden ausgeschieden sind.

Ansonsten scheinen sich Bugs in diesem Jahr glücklicherweise in Grenzen zu halten. Aufgefallen ist mir lediglich noch, dass in der PS5-Version in einer der ersten F1-World-Serien alle Fahrzeuge immer wieder mit Regenreifen auf die trockenen Pisten geschickt wurden und bei Totalschäden die abgetrennten Reifen häufig ganz seltsam zittern.

FAZIT

Vor allem für Neueinsteiger ist F1 23 ein verdammt starkes Paket und vielleicht der beste Teil seit Jahren innerhalb der Reihe! Die individuellen Anpassungsoptionen sind trotz verschachtelten Menüs vorbildlich, von der umfangreichen Karriere über Einzel- und Mehrspieler-Rennen bis hin zum Zeitfahren und dem abartigen Belohnungs-Overkill in der neuen F1 World werden massig Inhalte geboten und der Formel-Eins-Zirkus wird insgesamt wieder überzeugend eingefangen. Veteranen freuen sich dagegen vor allem über die deutlichen Verbesserungen bei der Fahrphysik, nachdem der Vorgänger ausgerechnet in diesem zentralen Bereich enttäuschte. Dass CrossPlay jetzt für sämtliche Mehrspielermodi (inkl. Koop-Karriere) zur Verfügung steht, ist ebenfalls ein erfreulicher Fortschritt. Genau diesen vermisst man in anderen Bereichen: Die KI agiert für meinen Geschmack immer noch zu aggressiv und verursacht dadurch unnötige Unfälle, Schadensmodell sowie Strafsystem bleiben ein zweischneidiges Schwert und bei der Technik herrscht mittlerweile eine ähnliche Stagnation wie im Karrieremodus, der für Fans der Reihe keine nennenswerten Neuerungen mehr zu bieten hat. Mit dem komplett frischen Konzept stellt die F1 World quasi das Gegenteil dar, aber mich macht dieser Sammel-, Belohnungs- und Freischaltwahnsinn leider überhaupt nicht an, von den Überbleibseln von F1 Life ganz zu schweigen. Viel lieber hätte ich eine Unterstützung von PSVR 2 auf der PS5 gesehen und die Sprachsteuerung darf im kommenden Jahr ebenfalls gerne Einzug auf den aktuellen Konsolen halten.

Infos zum Bewertungssystem

Pro:
– verbesserte Fahrphysik
– massig Anpassungsoptionen
– aktuelle Lizenz
– VR-Unterstützung (nur PC)

Kontra:
– (zu) aggressive KI
– Copy&Paste-Karriere
– Belohnungs-Overkill (F1 World)

Rennspieler zu Gast bei Insert Moin:

Bock auf mehr? Und…im gesprochenen Wort? Ich war zu Gast beim Podcast Insert Moin und habe mit meinem Raser- und Namensvetter Michael Wieczorek über F1 23 gequatscht. Hört doch mal rein und lasst den Jungs gerne ein Abo da!

Entwickler: Codemasters | Publisher: Electronic Arts | Preis: ab 69,99 €


Das Testmuster wurde freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Electronic Arts Deutschland – vielen Dank!

Der Test umfasst die Entwicklung bis einschließlich Patch 1.09 vom 11.08.2023.

7 Kommentare

  1. Michael Krosta

    Hallo zusammen!

    Schön, dass die Stamm-User direkt wieder am Start sind und sogar fleißig kommentieren – das freut mich sehr und motiviert 🙂

    Klar, zu Forza Motorsport wird es hier früher oder später auch was geben. Mal sehen, was ich bis dahin noch so hinbekomme…

  2. Pille

    Nun habe ich in meiner Rage gar nichts Positives geschrieben. Schön, Micha, daß Du wieder hier bist, und danke für den ausführlichen und kompetenten Test! War der Umzug erfolgreich? Ich glaube, für dieses Jahr habe ich eine Rennspiel-Überdosis abbekommen, aber das neue „Forza“ werde ich im Game Pass sicherlich mal anzocken, dann leider mit Controller. Es freut mich aber, wenn Codemasters bei der F1 gut in der Spur bleibt und an den richtigen Stellschrauben dreht. Vielleicht kommt ja auch irgendwann wieder verständliches Deutsch dazu, ich gebe die Hoffnung nicht auf.

  3. Pille

    Für mich ist Gendern mittlerweile ein Grund, ein Spiel nicht zu kaufen. Neulich mußte ich irgendwo einen Satz wie „Wähle die Gegner:in, den du herausfordern möchtest“ lesen. Früher haben wir noch schlechte Übersetzungen kritisiert, aber dieser böswillige Humbug bleibt häufig unkommentiert. Danke, Micha, daß Du eine Ausnahme bist, heute gehört ja leider schon Mut dazu.

    Ich stelle inzwischen auch auf Englisch um. Das tut mir dann leid für die Übersetzer und deutschen Sprecher, die sich ja oft genug viel Mühe geben, aber ich ertrage das nicht. Besonders gemein ist: Es können gar nicht alle gut genug Englisch, um die Sprache zu wechseln, auf die wird einfach keine Rücksicht genommen.

  4. Schmuel

    Freut mich, dass Herr Krosta die Seite nicht aufgegeben hat! Gibt mir Hoffnung für den Release Forza Motorsports in Oktober, qualifizierte Rennsim-Reviewer in deutscher Sprache sind ja absolute Mangelware.
    Test hier wird heute direkt nach Feierabend in aller Ruhe gelesen!

  5. eispfogel

    Danke für den Test 🙂
    Hatte es mir auch schon geholt, aber kam nicht zum spielen. Die Koop Karriere finde ich aber Klasse. Auch die verbesserte Fahrphysik. Das war ja schon echt nicht mehr angenehm im Vorgänger.

    Codemasters hat auf jeden Fall an den richtigen Schrauben gedreht.

    Das mit dem Gendern…tjorrr…ist wohl eine Corporate decision von EA. Was soll’s. Es klingt seltsam, ich mag es weiterhin nicht, aber man kann ja – wie du schon schreibst – auf english umstellen und gut ist.

    Egal wie – es ist ein gutes Spiel geworden. Und sogar die Performance auf den alten Konsolen ist ganz OK(Zumindest auf der PS4 Pro). Grid Legends sah furchtbar aus und ruckelte in einer Tour….habe es daher dann doch auf dem PC weitergespielt. Egal, denn hier bei F1 ist alles ok.

    Das Spiel hat auf jeden Fall den Drive to Survive ^^

  6. Michael Krosta

    Er lebt noch! 🙂

    Gerade noch so 😉

    Danke für den ausführlichen, leidenschaftlichen Test.
    So macht lesen Spass.

    Danke dir 🙂

    Gibt es eigentlich spürbare Unterschiede zwischen den Autos? Abgesehen davon, dass RB vermutlich auf allen Strecken am schnellsten ist?

    Oh ja, die unterscheiden sich schon mitunter deutlich bei der Performance, aber man kann die Leistung auch wieder angleichen, was vor allem im Multiplayer viel Sinn ergibt.

    Viele Grüße und schönes WE!

  7. Pentanick*ita

    Er lebt noch! 🙂

    Danke für den ausführlichen, leidenschaftlichen Test.
    So macht lesen Spass.

    Gibt es eigentlich spürbare Unterschiede zwischen den Autos? Abgesehen davon, dass RB vermutlich auf allen Strecken am schnellsten ist?

    Grüsse

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